Wenn Nikolaus Gstättner über seine Sportler:innen spricht, dann klingt das nicht nach nüchterner Funktionärssprache. Da spürt man Leidenschaft, Stolz – und eine tiefe Überzeugung, dass Kampfsport weit mehr ist als Sieg oder Niederlage. „Wir haben gerade eine sehr spannende Phase“, sagt der Managementdirektor des Österreichischen Bundesfachverbands für Thai- und Kickboxen. „Mit den World Games in Chengdu steht uns im Sommer ein echtes Highlight bevor – und gleichzeitig setzen wir mit dem Parasport ein starkes gesellschaftliches Zeichen.“
Zwei Kickbox-Asse für Österreich
Für Chengdu haben sich zwei Athleten aus dem Nationalteam qualifiziert: Erik Zimmermann aus Kärnten und Noel Salzburger aus Tirol – beide im Pointfighting, beide in starker Form. Und beide, so Gstättner, mit realistischen Medaillenchancen. „Europa ist im Kickboxen die mit Abstand stärkste Region weltweit. Wer sich hier durchsetzt, hat auch global das Potenzial für Edelmetall.“
Zimmermann überzeugte zuletzt beim World Cup in Istanbul mit einer dominanten Vorstellung, während Salzburger seine Form beim Heim-Highlight der Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien in Innsbruck testen will – für den Tiroler ein fast schon symbolischer Vorlauf vor dem ganz großen Ziel in China. „Es ist nicht nur ein Formcheck, sondern auch eine emotionale Geschichte“, sagt Gstättner. „Innsbruck ist sein Heimspiel – und diese Verbindung zum Publikum gibt nochmal einen besonderen Push.“

Zwischen Turnierfieber und Trainingsdisziplin
Die Vorbereitung ist ebenso professionell wie individuell. Beide Athleten trainieren in ihren Heimvereinen, unterstützt von den jeweiligen Olympiazentren, und nehmen regelmäßig an nationalen Teamlehrgängen teil. Sparring, Leistungsdiagnostik, mentale Vorbereitung – nichts wird dem Zufall überlassen. „Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um die Burschen optimal auf Chengdu vorzubereiten. Und sie wissen, dass sie nicht nur für sich kämpfen – sondern für ein ganzes Land.“
Innsbruck wird zum Kampfsport-Cluster
Auch abseits der Einzelschicksale steht viel Bewegung am Programm. Die Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien kehren nach der gelungenen Premiere 2024 wieder nach Innsbruck zurück – mit einem echten Kampfsport-Feuerwerk. „Wir sind gemeinsam mit Taekwondo und Judo in der Olympiahalle“, erzählt Gstättner. „Das wird ein Cluster, das es so in dieser Form noch nie gegeben hat.“ Die Bühne ist also bereitet – für nationale Meistertitel, internationale Ausblicke und: ein ganz besonderes Pilotprojekt.
Parasport im Kickboxen: Der stille Star der Finals
Momente geben: die erste offizielle Para-Kickbox-Demonstration in Österreich. „Es ist uns ein riesiges Anliegen, das Thema Inklusion endlich sichtbar zu machen“, sagt Gstättner. „Der Parasport gehört in vielen Kampfsportarten längst zum festen Repertoire – wir wollen da nicht hinterherhinken.“
Im Para-Kickboxen stehen keine Kämpfe gegeneinander im Fokus, sondern kontrollierte Bewegungsformen – sogenannte Forms und Schlagschule. Dabei arbeiten die Athlet:innen mit ihren Trainern und Pads, präsentieren Technik, Haltung und Ausdruck, ähnlich einer Kür im Eiskunstlauf. Bewertet wird nicht, wer stärker oder schneller ist, sondern wie sauber und ausdrucksstark Bewegungsabläufe durchgeführt werden. Es geht um Stärkung der Persönlichkeit, Selbstwirksamkeit und Sichtbarkeit.
„Noch ist die Community klein“, gibt Gstättner ehrlich zu. „Aber wir haben in den letzten Monaten viel Aufbauarbeit geleistet. Sechs bis sieben Vereine in Österreich sind bereits involviert, rund 40 bis 50 Sportler:innen mit Handicap trainieren regelmäßig.“ Das Ziel: Aufzeigen, was möglich ist. Und den Raum schaffen, damit diese Bewegung wachsen kann. Nicht mit Druck – aber mit echtem Respekt.

Mehr als ein Bewerb: Eine gesellschaftliche Aufgabe
Inklusion ist für Gstättner kein PR-Begriff, sondern eine Haltung: „Ich kenne das Thema auch aus der Wirtschaft – Barrierefreiheit wird immer wichtiger. Webseiten, Gebäude, Kommunikation: Das alles muss künftig inklusiv gedacht werden. Und der Sport darf da keine Ausnahme machen.“ Die Präsentation beim Multisport-Event ist daher bewusst als Demonstrationsbewerb angelegt. „Wir wollen nicht bewerten, sondern Bewusstsein schaffen.“
Ein Verband mit Geschichte – und Vision
Der Blick auf das große Ganze fehlt dabei nie. 2026 feiert der Verband sein 50-jähriges Bestehen. Gstättner arbeitet bereits an einer umfangreichen Chronik – ursprünglich geplant als schlanker Rückblick, inzwischen angewachsen auf 288 Seiten. „Da steckt so viel Geschichte drin. So viele Geschichten. Und mit dem Schritt in den Parasport schreiben wir jetzt ein besonders wichtiges Kapitel.“
Wenn sich also im Juni die Kickbox-Elite in Innsbruck trifft, geht es um mehr als Pokale. Es geht um Vorbilder wie Zimmermann und Salzburger, um Chancen auf Gold in Chengdu – aber auch um ein mutiges Zeichen für eine inklusive Zukunft. Der Ring wird damit zum Symbol: für Leistung, für Gemeinschaft, für gelebte Vielfalt.
Und Nikolaus Gstättner? Der lächelt und sagt: „Der Kampfsport hat viele Gesichter. Wir wollen, dass man sie alle sieht.“