29. MAI – 2. JUNI IN INNS­BRUCK/TIROL

„Leistung ist oft wichtiger als Erfolg“

Der 53-jährige Walter Bär ist eine Institution im heimischen Schwimmsport. Nach seiner aktiven Karriere als Schwimmer, in der ihm der große Durchbruch leider nicht gelungen war, war der Wiener lange als Trainer tätig, ehe er 2018 als Sportdirektor beim Österreichischen Schwimmverband die Geschicke in die Hand genommen hat. 

Seit vielen Jahren sind Sie eine prägende Persönlichkeit im heimischen Wassersport. Können Sie sich noch an Ihre Anfänge erinnern?
Walter Bär: Das ist schon sehr lange her und liegt fast ein halbes Jahrhundert zurück. Ich war von Anfang ein begeisterter Schwimmer und bin mit meinem Vater sehr oft schwimmen gegangen. Ende der 1970er-Jahre habe ich mich Donau Wien angeschlossen und mit dem Vereinssport begonnen. Ich war sehr ehrgeizig, aber leider hat es nie für den großen Durchbruch beziehungsweise für eine Teilnahme an einer Europa- oder Weltmeisterschaft gereicht. Die Liebe zum Schwimmsport war aber immer schon da. Daher war es auch wenig verwunderlich, dass ich meine Sportart einem Medizinstudium vorgezogen habe und mit 24 Jahren ins Trainergeschäft hineingerutscht bin. Meine Leidenschaft ist mein Beruf – und das seit fast 30 Jahren.

Sie sind bereits in verschiedenen Funktionen beim österreichischen Schwimmverband tätig gewesen. Welche Bedeutung haben die Wassersportarten für Sie?
Bär: Die Liebe zum Wasser macht für mich diesen einzigartigen Reiz aus. Ich war immer ein Einzelsportler, das hat mich mit all seinen Facetten fasziniert. Die Ruhe um einen Athleten beim Schwimmen, der auf sich allein gestellt ist, hat fast schon eine magische Wirkung. Das waren die ausschlaggebenden Punkte, warum mich der Wassersport über so einen langen Zeitraum intensiv begleitet.

Als Sportdirektor hat man nicht nur viel Verantwortung, sondern es stehen wohl auch viele Dinge am Zettel. Was haben Sie aktuell auf der Agenda?
Bär: Man kann mit gutem Gewissen sagen, dass die Agenda sehr voll ist. In den letzten beiden Jahren war eine langfristige Planung aufgrund der ganzen Corona-bedingten Verschiebungen und Absagen nicht möglich. Es war eine große Flexibilität in der täglichen Arbeit gefragt, und wir mussten oftmals schnell auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren – eine wirklich herausfordernde Zeit. So haben wir beispielsweise erst Anfang Februar erfahren, dass die im Mai geplante Weltmeisterschaft in Japan auf 2023 verschoben wird. Eine Woche später wurde dann aber wieder eine WM im Juni 2022 in Budapest eingeschoben. Da war das mit den Deadlines doch ein wenig stressbehaftet. Wenn man nicht mit Herz und Leidenschaft dabei wäre, würde man das nicht alles unter einen Hut bekommen. Von einem 9-to-5-Job sind wir schon weit entfernt. Das Schlimmste wäre aber für mich, wenn mir in meinem Job langweilig wäre und ich nichts zu tun hätte. Die Zeit verrinnt, und ich merke es gar nicht – es macht einfach richtig Spaß.

Ihre Funktion ist ja sehr vielschichtig, da es sehr viele unterschiedliche Sparten gibt. Wie schaffen Sie es, den Überblick zu behalten?
Bär: Schwimmen ist logischerweise die größte Sparte bei uns und verschlingt sozusagen die meiste Zeit und die meisten Ressourcen. Wasserspringen und Synchronschwimmen sind eher kleiner. Da behält man leichter den Überblick, zumal die Fachwarte sehr gut zuarbeiten und einen tollen Job machen. Wasserball ist als vierter Bereich zweifelsohne ebenfalls extrem wichtig, aber aktuell beschränkt sich unser Tun hauptsächlich auf die Nationalmannschaften.

Gibt es so den klassischen schönsten bzw. emotionalsten Moment?
Bär: Das ist schwer zu sagen. Ich für mich habe nicht diesen einen Moment – vielmehr hat es einige schöne Ereignisse gegeben, an die ich mich gerne erinnere. Der vierte Platz von Felix Auböck bei den Olympischen Spielen war beispielsweise so ein Moment, aber auch sein zweiter Platz bei der Europameisterschaft oder sein Kurzbahn-WM-Titel und die EM-Bronzemedaillen von Lena Grabowski, Bernhard Reitshammer und unseren Synchron-Damen Anna-Maria und Eirini Alexandri. Das sind zwar alles Moment-Aufnahmen, die aber hängen bleiben. Ein anderer Moment war mit Sicherheit die Österreichische Meisterschaft, die der erste Wettkampf nach den Lockdowns 2020 war. Man hat gesehen, wie die Sportlerinnen und Sportler brennen und sich freuen, dass sie wieder das machen können, was sie lieben. Da wurde mir auch klar, dass es nicht immer nur um Leistung geht. Wenn wir beispielsweise im Nachwuchs sehen, wie die Augen der Kinder strahlen, wenn sie gemeinsam mit Freunden etwas erleben und die Freude am Sport teilen können, das sind unglaublich schöne Emotionen.

Von Ende 2019 bis Ende 2021 hat man zwar aufgrund der Coronapandemie doch einige Vereine und Mitglieder verloren, im Vergleich zu anderen Verbänden ist man da aber mit einem blauen Auge davongekommen. Wo sehen Sie die Gründe dafür?
Bär: Was man definitiv sagen kann, es war eine unglaublich intensive Zeit. Es war nicht so, dass wir uns als Verband zurückgelehnt haben. Wir haben versucht, für die Vereine und unsere Sportlerinnen und Sportler da zu sein und haben um jede Trainingsmöglichkeit gekämpft. Der Austausch mit den Vereinen und dem Ministerium war sehr umfangreich, aber wir wollten so gut es ging unterstützen – das ist gut angenommen worden. Ich denke, wenn man zeigt, dass man da ist, wird das auch entsprechend honoriert.

Bei vielen Sportarten merkt man sofort einen Boom, wenn Einzelsportler – beispielsweise Dominic Thiem – erfolgreich sind. Merken Sie nach den Erfolgen von Felix Auböck auch einen Aufschwung, beziehungsweise haben viele Kinder mit dem Schwimmen begonnen?
Bär: Das merken wir momentan noch nicht. Es hängt aber wohl damit zusammen, dass die Erfolge in einer Zeit entstanden sind, wo Sport für viele Menschen nur eingeschränkt möglich war. Aber ich erinnere mich gerne an Anfang 2000 zurück, da war ich noch Trainer beim ASV Wien. Die großen Erfolge von Maxim Podoprigora, Markus Rogan, Mirna Jukic oder Fabienne Nadarajah haben sich sehr positiv ausgewirkt. Nach dem Sommer gab es einen sehr großen Zulauf bei den Vereinen. Es war Werbung für das Produkt „Schwimmsport“, das dann sehr gut angenommen wurde. Auf einen ähnlichen Rahmen hoffen wir jetzt auch in Zukunft wieder.

Das heißt, es braucht auch weiterhin nationale Zugpferde?
Bär: Das definitiv. Aber wie es im Sport so ist, gibt es ein lachendes und weinendes Auge. Wenn wir Synchronschwimmen als Beispiel nehmen: Die Alexandri-Schwestern sind in der absoluten Weltspitze und vertreten Österreich bei Großveranstaltungen im Duett und Solo. Da ist es für die Mädchen dahinter nicht immer ganz einfach, die Motivation hochzuhalten. Auch im Schwimmsport haben wir das Thema. Felix Auböck dominiert die Strecken 200 m, 400 m, 800 m und 1.500 m und qualifiziert sich für die Olympischen Spiele und Weltmeisterschaften. Die anderen Sportler müssen dafür eine gleichwertige Leistung bringen oder an ihm vorbeischwimmen. Das heißt, die Strecken sind über Jahre blockiert. Der Erfolg definiert sich über Medaillen, aber da wird oft die Leistung vergessen. Ich erinnere mich an eine Staatmeisterschaft in Graz, die für die Qualifikation für die Olympischen Spiele in London essenziell war. Drei Leute haben das Olympialimit über 400 m Lagen unterboten, der Vierte ist leer ausgegangen, hat aber das EM-Limit deutlich erreicht. Im Vergleich dazu hat es zwar einen Staatsmeister über 100 m Rücken gegeben, der aber mit seiner Zeit Lichtjahre vom Junioren-WM-Limit entfernt war. Das muss auch gesehen und richtig bewertet werden. Das ist meine Aufgabe, das alles in Relation zu setzen. Wichtig ist, dass die Athletinnen und Athleten lange motiviert werden, dass sie beim Sport bleiben, und ihnen eine Perspektive aufzeigt.

In einem Interview 2013 haben Sie gesagt, dass es im Verband viele Talente gibt, die gefördert und geschliffen gehören. Ist das in einem zufriedenstellenden Rahmen passiert die letzten Jahre
Bär: Wir sind zufrieden, auch wenn es immer besser geht. Ich muss ehrlich sagen, dass wir im Verband personell permanent unterbesetzt sind – das macht es oftmals nicht gerade einfach. Wie haben sehr viele Ideen, wie wir beispielsweise die Jugend und Junioren in den nächsten zwei bis drei Jahren noch besser fördern können, aber wir können es nicht in der Art und Weise und mit dieser Leidenschaft vorantreiben, wie wir es gerne möchten. Leider kommen immer wieder neue und wichtigere Themen herein, die unverzüglich bearbeitet werden müssen. Daher werden gewisse Themen nach hinten geschoben.

 In wenigen Wochen beginnt die zweite Auflage der Sport Austria Finals powered by Intersport & Holding Graz. Was ist von der Premiere 2021 hängen geblieben? Was sind die Erwartungen für 2022 und wie wichtig sind solche Multi-Sportveranstaltungen für den Verband?
Bär: Es war wirklich eine tolle Premiere im letzten Jahr, und man hat gesehen, welche Kraft sich bei so vielen Verbänden entwickeln kann. Heuer wird es so sein, dass die Alexandri-Drillinge – unsere Aushängeschilder im Synchronschwimmen – leider wieder nicht antreten können, da zeitgleich die Weltmeisterschaft in Budapest stattfindet. Für die Wasserspringer ist die Veranstaltung aber ideal, da sie genau eine Woche vor der WM über die Bühne gehen wird. Somit ist das die perfekte Vorbereitung und könnte vom Timing nicht besser sein. Auch für die Wasserballer, die im Rahmen der Finals wieder ihr Cup-Finale austragen werden. Es ist definitiv ein schönes Format, wo sich unsere Sportlerinnen und Sportler präsentieren und mit anderen Sportarten gemeinsam für einen nationalen Höhepunkt sorgen werden.

Wir danken sehr herzlich für das Gespräch!  

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