29. MAI – 2. JUNI IN INNS­BRUCK/TIROL

„Breaking ist Höchstleistungssport!“

Der Zufall wollte es, dass Anita Rodrigues beim Breaking landete.

Zuerst als Mama von zwei ebenso begeisterten wie talentierten B-Girls, später als Funktionärin auf Landes- und Bundesebene. Inzwischen agiert die Oberösterreicherin, die früher selbst bei Linz AG Froschberg als Tischtennisprofi im Einsatz war, als Vizepräsidentin des Urban Dance Verband Österreich (UDVÖ).

Im Interview erklärt Rodrigues, warum Breaking ein Höchstleistungssport ist, die Corona-Pandemie für die Verbands-Entwicklung sogar hilfreich war und welche Ziele sie mit dem UDVÖ hat.

Anita, wann bist du das erste Mal mit Breaking in Berührung gekommen?

Anita Rodrigues: Das erste Mal bin ich durch meine Kinder mit Breaking in Berührung gekommen. Ich selbst komme aus dem Tischtennis und war für Linz AG Froschberg aktiv. Meine Kinder haben auch Tischtennis gespielt, aber auch gleichzeitig mit Ballett begonnen. Irgendwann ist ihnen das zu langweilig geworden und wir haben Breaking entdeckt. Das ist jetzt ungefähr sechs Jahre her.

Was macht für dich die Faszination Breaking aus?

Rodrigues: Ich bin wirklich sehr fasziniert vom Breaking. Es ist eine Mischung aus Höchstleistungssport, Musikalität und einer kulturellen Bewegung, die einfach sehr viel Spaß macht.

Ich war etwas überrascht, dass es den Urban Dance Verband Österreich erst seit 2020 gibt: Warum hat das so lange gedauert? Breaking ist in Österreich doch auch schon etwas etabliert …

Rodrigues: Früher war Breaking immer in der Kultur-Szene angesiedelt und nicht so richtig zuordenbar. Dadurch das Breaking jetzt olympisch geworden ist, haben wir die große Chance gesehen, dass der Sport bei uns auch anerkannt ist. Deshalb haben wir 2020 den Urban Dance Verband Österreich gegründet und sind aktuell sehr damit beschäftigt, den Anschluss an andere große Verbände zu schaffen. Wir wollen uns so organisieren, dass wir wahr- und ernstgenommen werden.

UDVÖ-Vizepräsidentin Anita Rodrigues mit ihren talentierten Töchtern.

Du warst aber schon davor in Oberösterreich aktiv, oder?

Rodrigues: Genau, zuerst habe ich eine Sektion bei Froschberg ins Leben gerufen und dann vor drei Jahren den Urban Dance Club in Linz gegründet. Da trainieren wir viermal pro Woche auf Leistungsniveau. Wir arbeiten mit den besten TrainerInnen Österreichs zur Verfügung, die insgesamt 35 Kids trainieren.

Das heißt, es war dann irgendwie der logische Schritt, dass du dann auch bundesweit Verantwortung übernimmst?

Rodrigues: Durch meine Nähe zum Sport habe ich schon lange gute Kontakte, die den meisten Menschen in der urbanen Szene fehlen. Dadurch habe ich den Verband unterstützen können, um sportpolitisch etwas voranbringen zu können.

Wie war die Resonanz der Sportpolitik?

Rodrigues: Sehr, sehr positiv. Man hat gespürt, dass es viel Interesse und Neugierde gibt. Und jeder, der mal mit Breaking in Berührung gekommen ist, war sofort begeistert. Wir wurden bislang vom Sportministerium sehr gut unterstützt und kämpfen aktuell darum, dass wir vom Heeressport fix aufgenommen und von der Bundessport GmbH sowie vom ÖOC unterstützt werden. Wir haben nämlich zum Beispiel mit Lil Zoo einen der weltbesten B-Boys in unseren Reihen, der im Dezember eingebürgert wurde und wirklich gute Medaillenchancen bei Olympia 2024 hat.

Hätte es ohne die Aufnahme ins olympische Programm die Verbandsgründung trotzdem gegeben?

Rodrigues: Geplant war sie auf jeden Fall, aber sie wäre sicher nicht so schnell gekommen und es hätte bestimmt nicht so eine Aufholjagd gegeben. (lacht) Man kann fast sagen, dass es zum Glück Corona gegeben hat, da die meisten Verbandsmitglieder in dieser Zeit wenig zu tun hatten und im Verband aktiv mitarbeiten konnten. Da haben wir viel geschafft. Jetzt fällt die Arbeit auf ein paar Wenige zurück. Aber wir werben immer wieder neue Mitglieder an und hoffen, dass wir irgendwann ein großer Fachverband werden.

Wie anerkannt ist das in der Hardcore-Szene, dass man jetzt leistungsmäßig tanzt?

Rodrigues: Das ist sehr zweigeteilt. Die Alteingesessenen, die Breaking als Kulturgut und Teil der urbanen Szene sehen, sind eher skeptisch. Andere wiederum sehen ihre Chance in dieser Sache. Wir wollen zeigen, dass Breaking Höchstleistungssport ist und man viele Skills dazu braucht. Und am besten zeigt man das bei internationalen Wettkämpfen.

Wie groß ist die Szene überhaupt? Also wie viele leistungsmäßige Breaking-TänzerInnen gibt es in etwa?

Rodrigues: Unser Kader besteht aus 16 B-Boys und 13 B-Girls. Aktive B-Boys, die regelmäßig an Battles teilnehmen, gibt es in Österreich rund 150. Bei den B-Girls im Erwachsenen-Alter sind wir etwa bei 40.

Wie wird Breaking dann bei Wettkämpfen bewertet?

Rodrigues: Es gibt ein Judging-System, das nach bestimmten Kriterien aufgebaut ist. Da gehört zum Beispiel Musikalität dazu, die Technik, die Kreativität, die Persönlichkeit und natürlich die tänzerischen Fähigkeiten. Aus dieser Kombination entstehen dann die Votes. Das Allerwichtigste ist aber das Tänzerische und das im Flow sein. Es muss eine runde Präsentation sein.

Habt ihr genügend Trainerinnen und Trainer gefunden?

Rodrigues: Wir haben zwei Nationalteamtrainer und einen Jugend-Nationalteamtrainer. Das sind sehr erfahrene Leute und seit über 30 Jahren Tänzer, Trainer und Choreographen. Außerdem sind sie in der Szene sehr bekannt und toleriert. Sie stecken nun ihre anderen Projekte zurück und widmen sich voll dem Leistungssport.

Mit dem vollen Fokus auf Olympia 2024, oder?

Rodrigues: Genau. Das Ziel ist, unsere Athleten und Athletinnen bestmöglich auf dieses Ziel vorzubereiten. Aber wir arbeiten auch ganz intensiv mit dem Nachwuchs, weil der dann für die nächsten und übernächsten Olympischen Spiele relevant ist.

Du fieberst wahrscheinlich aufgrund deiner Tochter Blanca doppelt mit, oder?

Rodrigues: Ob es sich schon 2024 ausgeht, weiß ich noch nicht genau. Blanca hat das Potenzial, aber sie geht auch noch in die Schule. Da hat man gegenüber Profis einen Nachteil. Aber sie wird es auf jeden Fall versuchen. Spätestens 2028, wenn Breaking noch dabei ist, möchte sie voll durchstarten.

In wenigen Wochen beginnt die zweite Auflage der Sport Austria Finals powered by Intersport & Holding Graz. Was ist von der Premiere 2021 hängengeblieben?

Rodrigues: Es war extrem beeindruckend, wie viele sportliche Wettkämpfe gleichzeitig stattgefunden haben. Die Stimmung war so wie das sportliche Niveau großartig. Ich habe die Finals als großartige Veranstaltung in einer großartigen Stadt empfunden.

Was sind die Erwartungen für 2022?

Rodrigues: Es wird wunderbar, wenn heuer die Angehörigen und Fans auch bei den Bewerben zuschauen können. Die Stimmung wird sicher toll sein, weil Breaking mit der Musik und den Hosts immer die Leute anzieht. Es kann in diesem Jahr ein richtiger Hexenkessel werden, wo die Sportler und Sportlerinnen zu Höchstleistungen gepusht werden.

Wir danken sehr herzlich für das Gespräch!

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