Für Österreichs Sportkegler läuft es aktuell wie am Schnürchen. Während sich Lukas Huber über die Einzel-Goldmedaille in der Allgemeinen Klasse bei der Weltmeisterschaft im kroatischen Rijeka freuen konnte, holten seine Teamkollegen Lukas Temistokle und Matthias Zatschkowitsch Gold und Bronze im WM-Bewerb der U23.
„Als Einzelspieler ist es sehr schwer eine Goldmedaille zu machen. Die Weltspitze, zu der wir zweifelsohne zählen, ist sehr kompakt. Es ist schön, wenn es passiert, aber in unserer Sportart haben Medaillen in der Mannschaft eine noch größere Bedeutung. Wir haben heuer ein richtig gutes Team. In Blickrichtung Weltmeisterschaft ist alles möglich – wir zählen definitiv zu den Medaillen-Mitfavoriten“, gibt Zatschkowitsch, der sich 2022 bereits zum Sprint-Weltmeister in der Allgemeinen Klasse küren konnte, einen kleinen Einblick.
Dabei streicht der 24-jährige Niederösterreicher den Zusammenhalt und den Teamspirit heraus. Seit knapp 8 Jahren steht das Grundgerüst, das sichtbar gut funktioniert. „Wenn jemand ausfällt, können wir das gut kompensieren – wir sind eine harmonische Gruppe geworden. Es gibt einige Spieler, die ihre Leistung auf hohem Niveau abrufen können und bereit sind, sollten sie ins Team hineinrutschen. Wenn unser System funktioniert, sind wir immer für Edelmetall gut.“ Im Mai bei der Mannschaftsweltmeisterschaft in Varazdin (CRO), die von 17.–28. Mai über die Bühne gehen wird, will das Team rund um den niederösterreichischen Führungsspieler ein kräftiges Wörtchen um die Medaillenränge mitreden.
Sorge um den Nachwuchs
So gut die Spitze in Österreich funktioniert, umso schwieriger ist die Situation im Nachwuchs. Nach zwei goldenen Generationen fehlt es aktuell ein wenig am jungen Unterbau. „Kegeln entwickelt sich langsam aber doch vom Familiensport raus. Ich bin beispielsweise mit meiner Familie auf der Kegelbahn aufgewachsen. Das gibt es zwar immer noch, aber nicht mehr in dem großen Stil, wie es damals war. Wir haben lange mit dem Image des ‚Wirtshaussportes‘ gekämpft, das haben leider immer noch viele Leute im Kopf. Die Voraussetzungen sind ähnlich wie beim Darts, doch die haben sich meiner Meinung nach eine Spur besser vermarktet und sich mit harter Arbeit rausgearbeitet“, erklärt der 24-Jährige, der sich 2022 auch den begehrten nationalen Titel bei den Sport Austria Finals sichern konnte.
„Wir sind leider keine Sportler, die Geld verdienen. Daher können wir, wenn Schulklassen in unseren Sport hineinschnuppern wollen, nicht immer selbst bei der Bahn sein und ihnen das Sportkegeln näherbringen. Meistens machen das dann ältere Leute im Verein, die leichter Zeit haben. Das verfälscht das Bild auf unsere Sportart oftmals ein wenig – das ist schade.“
Auch wenn der Verband mit einer eigenen Website, einem Auftritt auf den Social-Media-Kanälen wie Facebook und Instagram versucht, ein breites Publikum anzusprechen, reicht es in den größeren Medien manchmal lediglich zu Randnotizen. „Das ist sehr schade, aber es hilft nicht. Wir haben es gemeinsam in der Hand, unseren Sport mehr zu promoten und den Leuten näher zu bringen. Bei den Vereinen passiert da mittlerweile schon sehr viel, aber der Verband muss da mithelfen – nur im Zusammenspiel kann es funktionieren.“
Final-Four als große Chance
Sowohl bei den Damen (SK FWT Neunkirchen), als auch bei den Herren (KSK Union Orth/Donau) hat es jeweils eine Mannschaft für das Champions-League-Final-Four, welches Anfang April ausgespielt wird, geschafft. Ein wichtiger Schritt in eine entscheidende Richtung. „Das Final-Four ist für uns alle ein wichtiger Wettkampf. Ich bin aktuell die Nummer 4 der Welt, will es zeitnah in die Top-3 schaffen. Wenn ich im Final-Four und bei der Team-WM ordentlich punkte, könnte es vielleicht klappen. In der Verfassung, in der ich aktuell agiere, ist es im Bereich des Möglichen. Wir wollen bestmöglich performen – dann sieht man eh, was rauskommt“, so der gelernte Elektriker.
Darüber hinaus will der selbstbewusste und mental starke Niederösterreicher in Zukunft auch im klassischen Sportkegel-Bewerb um WM-Gold mitspielen. Seine Sprintmedaille im letzten Jahr war übrigens die erste WM-Goldmedaille für Österreich in der allgemeinen Klasse seit 1953 – ein historischer Moment!
Plattform Sport Austria Finals
Der österreichische Sportkegel- und Bowlingverband setzt auch 2023 große Hoffnungen in das Multisport-Event im Herzen der Steiermark. „Wenn man sich und seine Sportart auf so einer Bühne präsentieren kann, dann hilft dir das natürlich. Es war ein großer Fortschritt, dass wir da dabei sein konnten. Ich habe super Erinnerungen an das letzte Jahr. Nicht nur wegen meinem Sieg, aber wir haben denke ich einen sehr guten Eindruck hinterlassen“, so Zatschkowitsch.
Ob und gegen welche Gegner er 2023 bei der dritten Auflage der Sport Austria Finals powered by Holding Graz antreten wird, ist noch offen. „Bei uns ist das ein bisschen schwieriger. Wir müssen uns vorab über die Landesmeisterschaften qualifizieren. Da wir in Niederösterreich sehr viele gute Starter haben, kann schon der eine oder andere Mitfavorit auf der Strecke bleiben. Es hängt sehr viel von der Tagesverfassung ab. Egal was kommt, ich werde der große Gejagte sein. Luki (Anm.: Lukas Huber) hat die Revanche nach seiner Finalniederlage vom letzten Jahr angekündigt – die kann er jederzeit haben. Wir haben beide ambitionierte Ziele, daher wird das spannend“, schmunzelt der 24-Jährige.
Neben seinem Job als Elektriker und vielen Stunden an der Kegelbahn bleibt für den Niederösterreicher nicht viel Zeit. Die wenigen Momente nutzt er dann aber doch für sein Hobby. Er ist stolzes Mitglied der Blasmusik in seinem Heimatort und als Tuba-Spieler ein wichtiger Bestandteil des Vereins. Auch wenn es nicht für jede Probe reicht, bei den öffentlichen Veranstaltungen von Benefizkonzerten bis zum traditionellen Maibaumaufstellen ist Zatschkowitsch dann immer anzutreffen. Wir werden sehen, ob der Titelverteidiger beim Multisport-Event in Graz auch 2023 den Ton angeben wird.