Seit nunmehr vier Amtsperioden steckt Oskar Schmidt als Sportdirektor des Österreichischen Sportkegel- und Bowlingverbands viel Leidenschaft und Herzblut in die Entwicklung der Strukturen. Die aktuellen sportlichen Erfolge geben dem ÖSKB recht, auch wenn die Nachwuchssuche eine der großen Herausforderung ist.
In einem ausführlichen Interview gibt der Burgenländer einen detaillierten Überblick.
Häufig stellt sich ja die Frage, wie jemand mit der jeweiligen Sportart in Berührung kam. Wie war das bei Ihnen? Und wann haben Sie den Kegelsport für sich entdeckt?
Oskar Schmidt: Meine sportliche Karriere begann auf dem Fußballplatz, doch mit der Zeit spürte ich, dass die vielen Trainings und auch die Spiele selbst eine immer stärkere Belastung darstellten, bei welcher der Körper nicht mehr so mithalten konnte. Durch meinen Bekanntenkreis bin ich dann im Alter von etwa 30 mit dem Kegelsport in Berührung gekommen. Damals – inzwischen sind fast drei Jahrzehnte vergangen und es hat sich mittlerweile einiges verändert – war es noch ein geselliges Beisammensein. Das, und damit verbunden die entspannte Atmosphäre, hat mir von Anfang an sehr gut gefallen.
Was war sozusagen die „Faszination“ für Sie, dann auch bei dieser Sportart zu bleiben? Drei Jahrzehnte sind ja doch eine äußerst lange Zeit.
Schmidt: Es war vor allem die Möglichkeit des direkten Vergleichs mit meinem Gegenspieler, da man nach jedem Wurf anhand der notierten Punkte unmittelbar und objektiv die eigene Leistung bewerten kann. Beim Kegeln sind diese Zahlen maßgeblich für die Motivation – manchmal können sie allerdings auch demotivierend sein. Besonders als Teil bei Teambewerben ist es gut, immer zu wissen, wie man während eines Turniers drauf ist. Kegeln ist immerhin eine der wenigen Sportarten, wo sofort ersichtlich ist, auf welchem Level die aktuelle Leistung ist.
Sie sind mittlerweile seit geraumer Zeit Sportdirektor beim Österreichischen Sportkegel und Bowlingverband. Wie kam es dazu und welche Aufgaben sind mit dieser Funktion hauptsächlich verbunden
Schmidt: Ich habe anfangs im burgenländischen Landesverband die Funktion des Sportobmanns übernommen. Im ÖSKB war dann die Stelle neu zu besetzen und ich wurde gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Inzwischen bekleide ich dieses Amt in der vierten Periode. Zu meiner Tätigkeit gehören verschiedene Bereiche, darunter die Koordinierung von Terminen beim Jahressportprogramm, die Festlegung diverser Regularien, die Ausschreibung von Relegationsturnieren oder nötige Änderungen der Sportordnung, damit diese beschlussfähig wird. Um all das bewältigen zu können, habe ich ein Team um mich herum, das mich dabei tatkräftig unterstützt.
Sie und Ihr Team legen also in Abstimmung mit den Landesverbänden u. a. die nötigen Rahmenbedingungen für nationale Bewerbe fest und sorgen darüber hinaus noch für die bestmöglichen Voraussetzungen für die Zukunft des Kegelsports in Österreich. Welche Rolle spielt der ÖSKB konkret bei der Entsendung von Athlet:innen zu internationalen Turnieren?
Schmidt: Der Verband entscheidet grundsätzlich nur, wer an den Weltmeisterschaften bzw. am Einzelweltpokal teilnimmt. Wir halten daher regelmäßig Rücksprache mit den Trainer:innen, um zu eruieren, welche Athletin und welcher Athlet unser Land sportlich am besten vertreten kann. Für die Mannschaftsbewerbe im Rahmen von Weltpokal, Europapokal oder NBC-Pokal (Anm.: Ninepin Bowling Classic) erfolgt die Qualifikation über das Abschneiden bei den Staatsmeisterschaften bzw. die Platzierung in der Liga. Der österreichische Cup-Sieg ermöglicht zudem einen Startplatz für den NBC-Pokal.
Für die Staatsmeisterschaften kann man sich bei uns nur über die Landesmeisterschaften qualifizieren. Nur so kann man allen Bundesländern die gleichen Chancen einräumen und die Startplätze gleichmäßig verteilen. Dass es in Bundesländern wie Niederösterreich (Anm.: Kegelhochburg in Österreich) dann bereits im ersten Schritt auf Landesebene sehr spannend ist und die Favoriten gefordert sind, versteht sich dann aber auch von selbst.
In jüngster Vergangenheit gab es sehr gute Ergebnisse. Wie sehen Sie die Entwicklung im heimischen Kegelsport in den letzten Jahren und wie zuversichtlich blicken Sie in die Zukunft, was den Nachwuchs betrifft?
Schmidt: Bei den Herren ist die Entwicklung sehr positiv zu bewerten. Mit Lukas Temistokle (Anm.: Gold beim U23-Einzelweltpokal im Februar 2023 in Rijeka) und Matthias Zatschkowitsch (Anm.: Bronze beim U23-Einzelweltpokal im Februar 2023 in Rijeka) sind aktuell zwei Sportkegler der jüngeren Generation sehr erfolgreich unterwegs. Zudem sorgt u. a. Lukas Huber – zuletzt Gold in der Allgemeinen Klasse beim Einzelweltpokal im Februar 2023 in Rijeka – mit 35 Jahren noch regelmäßig für Top-Platzierungen für Rot-Weiß-Rot. Man spürt allerdings, dass hier die Generationenablöse bereits vor der Tür steht, gerade durch die beiden Erstgenannten. Bei den Damen fehlt, vor allem in den Einzelbewerben, derzeit leider einiges und wir haben noch viel Luft nach oben im Vergleich zu anderen Nationen. Julia Huber belegte nach einer starken Leistung Platz 5 in der Allgemeinen Klasse beim Einzelweltpokal im Februar 2023. Diese Ergebnisse tun nicht nur der Sportlerin gut, sondern auch uns als Verband.
Vom Gefühl her muss ich allerdings sagen, dass es derzeit nicht unbedingt danach aussieht, als würden viele Talente nachrücken, die in diese Fußstapfen treten. Seitens des Verbandes und der Vereine wird zwar viel Aufwand betrieben und auch einiges an finanziellen Mitteln investiert, dennoch ist es eine große Herausforderung, junge Menschen auf die Kegelbahnen zu bekommen und sie langfristig für diesen schönen und interessanten Sport zu gewinnen. Kegeln wird vielerorts ja nach wie vor als Wirtshaussport betrachtet, obwohl dieses Argument seit vielen Jahren überhaupt nicht mehr zutrifft. Nicht umsonst gibt es zahlreiche nationale sowie internationale Vergleiche, bei denen regelmäßig echte Top-Athlet:innen gegeneinander antreten.
Im Mai findet im kroatischen Varazdin die Team-Weltmeisterschaft statt. Lukas Huber hat vor Kurzem angekündigt, dort mit dem österreichischen Nationalteam ‚etwas Großes‘ erreichen zu wollen und zählt sich und seine Mannschaftskollegen ganz selbstbewusst zu den Mitfavoriten. Wie sehen Sie die Chancen bei der WM?
Schmidt: Ich bin ebenfalls zuversichtlich, dass wir die Gruppenphase packen werden und dass sogar die Chance besteht, unter die Top-4 zu kommen. Es hängt immer auch ein wenig von der jeweiligen Tagesverfassung ab und davon, wie die Bahnen zu spielen sind. In einem möglichen Halbfinale ist dann natürlich ein guter Tag nötig, um den K.-o.-Modus zu überstehen. Einige unserer Sportler sind aktuell gut in Form, und wenn sie diese bis zum Bewerb halten, ist tatsächlich einiges drinnen.
Abschließend noch kurz ein Exkurs zu den Sport Austria Finals powered by Holding Graz 2023. Welche Erwartungen haben Sie an dieses Event und wie wichtig sind solche Multi-Sportveranstaltungen für den Verband bzw. den Kegelsport allgemein?
Schmidt: Nachdem sich bei den Sport Austria Finals 2022 leider nicht so viele Besucher:innen bzw. Neugierige bei der Bahn eingefunden haben, hoffen wir heuer auf ein stärkeres Interesse. Dass in diesem Jahr beide Finalspiele im Rahmen der Staatsmeisterschaft im Sportkegeln – sowohl Damen als auch Herren – an einem Tag stattfinden, ist diesbezüglich sicherlich ein Vorteil. Ganz allgemein würde ich mir wünschen, dass diese Sportart die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient – denn Kegeln ist eben keine reine Freizeitbeschäftigung, sondern eine ernstzunehmende Präzisionssportart!
Wir danken sehr herzlich für das Gespräch!