29. MAI – 2. JUNI IN INNS­BRUCK/TIROL

„Es ist eine Art Charakterfrage“

Es gibt Sportarten, die einem rasch in den Sinn kommen, wird man spontan gefragt: Fußball, Skifahren, Schwimmen … doch wie sieht es mit Schach aus? Viele kennen es zwar unter Begriffen wie „Denksport“, aber offiziell als Sport – so ehrlich muss man sein – hatten viele Schach bisher gewiss nicht auf dem Radar. Dabei ist es in Österreich seit 2005 offiziell als Sportart anerkennt – und zu Recht! Im Gegensatz zu Poker beispielsweise hängt hier der Erfolg nämlich ebenfalls vom Können ab und nicht von Glück oder gar von Zufall. Und wer einmal genauer hinschaut, der merkt rasch, dass hier nicht nur im Turnierbetrieb eine enorme mentale Leistung vollbracht wird. Doch alles der Reihe nach!

Jemand, der schon als Kind die Begeisterung für den Schachsport entdeckt hat, ist Michael Stöttinger: „Ich habe damals meinen Großvater gebeten, mir das Schachspielen beizubringen, und habe eine Weile lang gespielt, dann jedoch etliche Jahre nicht mehr. Als junger Student hatte ich allerdings das Bedürfnis, wieder öfter zu spielen und mich entsprechend weiterzuentwickeln. Da die Schachcomputer Ende der 1990er-Jahre nicht wirklich zu gebrauchen waren, habe ich mich nach einem Schachclub in meiner Umgebung erkundigt.“ Der ASV in Linz war zu diesem Zeitpunkt, inzwischen sind knapp 25 Jahre vergangen, seine erste Anlaufstelle – und diesem Club gehört der gebürtige Welser bis heute an.

„Es geht um den letzten Fehler“

Die Frage, wieso ausgerechnet Schach bei ihm diesen hohen Stellenwert eingenommen hat und was nach wie vor die Faszination dabei ausübt, beantwortet Stöttinger, seit Oktober 2022 Präsident des Österreichischen Schachbundes (ÖSB) und nebenbei erfolgreicher Unternehmer, folgendermaßen: „Es ist zum Teil eine Art Charakterfrage, man ist also wohl vom Gemüt her schon dafür prädestiniert, die eine oder andere Sportart eher interessanter zu finden als andere. Für mich ist Schach eine der komplexesten Sportarten, da jede Partie von Grund auf anders ist und man nie auslernt. Es geht vor allem um den letzten Fehler. Du spielst vielleicht die perfekte Partie, trotzdem kannst du am Ende, wenn du nur einen einzigen falschen Zug machst, noch alles verderben.“

Dass Schach im Gegensatz zu anderen Sportarten körperlich nicht so fordernd ist, liegt zwar auf der Hand, dafür kann es bis ins hohe Alter ausgeübt werden. Zudem ist den Varianten Schnellschach und Blitzschach etwas mehr Abwechslung dazu gekommen. Ab einem gewissen Leistungslevel bleibt man dieser Sportart, die viele als Hobby begonnen haben, darüber hinaus automatisch länger verbunden, was sich auch auf die Verbandsstruktur sowie die Karriere auswirken kann, wie man bei Michael Stöttinger eindrucksvoll sehen kann. Anfangs nur Schriftführer beim ASV, bekleidete er alsbald weitere Positionen im Verein und war vor seinem Amtsantritt vor einem halben Jahr dessen Präsident und zugleich Mannschaftsführer der Bundesligamannschaft, mit der er den Aufstieg in die zweite Bundesliga und nur ein Jahr später sogar in die erste Bundesliga vollführte.

Nachwuchsarbeit das Nonplusultra

Einen der wichtigsten Punkte in der aktuellen Funktion des Oberösterreichers stellt die Jugendarbeit sowie die langfristige Förderung und Ausgestaltung der Nachwuchsarbeit dar. Die Lage sieht insgesamt sehr ansprechend aus: „Es geht seit Jahren stetig bergauf und wir haben eine sehr gute Nationalmannschaft, was insbesondere einer entsprechenden Nachwuchsarbeit sowie der exzellenten Arbeit unserer Trainerinnen und Trainer geschuldet ist. Im Prinzip muss man bereits möglichst bald damit beginnen, die Talente zu fördern. Das beste Alter, um mit Schach zu beginnen, liegt ungefähr gleich auf mit dem des Eintritts in die Volksschule. Natürlich kann man mit achtzehn oder zwanzig auch noch beginnen, zu spielen, aber die Basis, also das kognitive Verständnis und viele neuronale Verknüpfungen, wird bereits sehr viel früher gelegt.“

Momentan gibt es neben den zahlreichen ambitionierten Kindern und Jugendlichen in den diversen Landesverbänden einige extrem begabte Nachwuchs-Hoffnungen, daher hat der ÖSB vor Kurzem sogar eine eigene Supertalente-Förderung ins Leben gerufen. Diese Investitionen sind wichtig, denn heutzutage ist es bekanntlich nicht so einfach, Sport attraktiv zu gestalten, um genügend interessierte Zukunftshoffnungen anzusprechen.

Es reicht jedoch nicht nur, die Arbeit auf Vereinsebene zu forcieren, auch eine erfolgreiche Teilnahme an internationalen Turnieren ist äußerst bedeutend. Dass dies funktioniert, haben die Damen vor wenigen Monaten auf Club-Ebene eindrucksvoll bewiesen. Anfang Oktober letzten Jahres holte das Frauenteam des ASVÖ Pamhagen beim European Club Cup, von der Wertigkeit her vergleichbar mit der Champions League im Fußball, in Mayrhofen im Zillertal zum ersten Mal Gold für Österreich im höchsten europäischen Club-Bewerb im Schach.

Weltmeisterschaft in Österreich als großer Treiber

Und, wie der 45-Jährige als dritte wichtige Säule seiner Agenda ergänzt, die Etablierung von größeren Veranstaltungen ist enorm wichtig. Daher steht ein Projekt ganz oben auf der Wunschliste, nämlich größere Turniere ins Land zu holen: „Die Veranstaltung einer Weltmeisterschaft etwa würde Schach in unserem Land sicher einen weiteren Schub geben, besonders für unseren hervorragenden Nachwuchs wäre ein Turnier in dieser Größenordnung bestimmt eine enorme Motivation. Vor allem eine Schnell- oder Blitzschachweltmeisterschaft, die traditionell Ende des Jahres ausgetragen wird, wäre hier am attraktivsten.“

Einen zusätzlichen Boost würde eine Veranstaltung dieser Tragweite der Bekanntheit des Schachsports mit Sicherheit verleihen und weitere Denksportbegeistere dazu bringen, sich einmal intensiver mit Schach zu beschäftigen oder einem Verein beizutreten. Derzeit sind in über 330 Vereinen knapp 10.000 Mitglieder aktiv dabei – und der ganze Schachsport hat in den letzten Jahren eine enorme Dynamik entwickelt.

Perfekter Doppelpass

Doch bevor ein internationales Schachturnier auf rot-weiß-rotem Boden stattfindet, stehen erst einmal die österreichischen Staatsmeisterschaften an. Nach der ersten und bis dato einzigen Teilnahme an den Sport Austria Finals powered by Holding Graz im Jahr 2021 zieht Stöttinger – wie bisher auch viele andere Verbandspräsidenten bzw. -funktionäre – eine überwiegend positive Bilanz: „Es ist in meinen Augen sehr gut, wie sich hier der Sport in Österreich aufstellt und vereint präsentiert. Auch die Unterstützung durch Gerd Bischofter als Geschäftsführer und Hans Niessl als Präsident von Sport Austria ist wirklich optimal. Sämtliche Anliegen werden ernstgenommen und die Zusammenarbeit, wie sie bei diesem gemeinsamen Event herrscht, kann man einfach nur loben.“

Nachdem die Steiermark als eines der stärksten Schach-Bundesländer Österreichs gilt, wird auch die dritte Auflage der Sport Austria Finals in der grünen Landeshauptstadt zahlreiche Besucher:innen anziehen. Wie viele Teilnehmer:innen der Österreichische Schachbund letztendlich entsendet und welche Anzahl an Entscheidungen die Zuschauer dabei hautnah erleben können, ist noch nicht genau festgelegt. Fakt ist jedoch, dass viele Interessierte die Gelegenheit bekommen, im Rahmen dieser Multi-Sportveranstaltung mit Schachsportler:innen in Kontakt zu treten und sich die eine oder andere Spieleröffnung abzuschauen – und vielleicht gibt sich sogar ÖSB-Präsident Michael Stöttinger die Ehre, sein taktisches Können vor einem breiten Publikum zu zeigen.

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