Der Begriff „vielseitig“ trifft perfekt auf Victoria Steiner zu. In der Brust der 20-jährigen Tirolerin schlagen gleich mehrere Herzen: Gewichtheben, Harfe und Skeleton. Da auch ihr Tag nur 24 Stunden hat, musste sie sich vor kurzem von einer der drei Leidenschaften verabschieden, in einer anderen träumt sie weiterhin von der Weltspitze.
Der Reihe nach: Im Alter von sieben Jahren startete Steiner im Eiskanal durch. Kopf voraus, mit bis zu 100 km/h – Skeleton eben. „Meine beiden Brüder waren Bobfahrer, so bin ich zum Skeleton gekommen. Das war meine erste große Liebe“, erinnert sie sich. „Da man im Skeleton relativ viel Krafttraining machen musste, bin ich zum Gewichtheben gekommen.“
Familie verpflichtet
Und auch in dieser Sportart gab und gibt es familiäre Verbindungen. Vater Harald Steiner war als Gewichtheber jahrelang aktiv, wurde mehrfacher Staatsmeister und vertrat Österreich bei Welt- und Europameisterschaften. Inzwischen ist er Obmann beim KSV Rum und damit bei jenem Verein, bei dem Victoria aktiv ist – und der 2024 die Österreichischen Staatsmeisterschaften im Rahmen der Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien ausrichtet.
„Meine Trainingspläne schreibt er nicht, aber Papa ist beim Training immer dabei und schaut mir über die Schulter. Unser Verhältnis ist sehr gut, er gibt mir wertvolle Tipps“, sagt Victoria.
Bis vor zwei Jahren war die Tirolerin „zweigleisig“ unterwegs, jagte neben dem Gewichtheben auch durch den Eiskanal. 2020 vertrat sie Österreich sogar bei den Olympischen Jugend-Winterspielen in Lausanne (SUI) und wurde Fünfte. „Irgendwann wurde es sehr viel: Gewichtheben, Skeleton, Schule – vor zwei Jahren habe ich dann mit Skeleton aufgehört. Ich wäre da in den Europacup gekommen und wäre den ganzen Winter unterwegs gewesen, dann hätte das Gewichtheben zu sehr gelitten.“
Vorfreude auf die Finals
Ende 2023 erreichte sie bei der U20-WM Rang neun. „Ich habe letztes Jahr maturiert und mich dann voll auf das Gewichtheben konzentriert. Leider hatte ich mit Verletzungen zu kämpfen, mein Rücken hat immer wieder Probleme gemacht.“
Ab sofort ist Steiner in der U23 unterwegs, bei der WM würde sie bereits in der allgemeinen Klasse starten. In welcher Gewichtsklasse, hängt vom jeweiligen Wettkampf ab: „Ich bin zwischen 71 und 76 Kilogramm und kann in den beiden Klassen starten. Man schaut immer, wer bei welchem Event startet und entscheidet dann.“
Bei den Österreichischen Staatsmeisterschaften im Rahmen der Sport Austria Finals powered by Österreichische Lotterien (29. Mai bis 2. Juni) wird Steiner bis 71 kg an den Start gehen. Der Grund: „Bis 76 kg gibt es keine Staatsmeisterschaft, sondern eine Meisterschaft. Also will ich es bis 71 kg wissen und im Idealfall den Titel holen, auch wenn die Konkurrenz stark ist. Es wird sicher ein spannender Bewerb!“
Die Österreichischen Staatsmeisterschaften haben im Gewichtheben einen hohen Stellenwert. „Da ist immer viel los, für mich ist es neben der U23-EM im Herbst das Saisonhighlight“, sagt Steiner. „Heuer ist es besonders cool, dass die ÖSTM im Rahmen der Sport Austria Finals stattfinden, da wird unsere Sportart sicher mehr gesehen als sonst. Gewichtheben ist nach wie vor eine Randsportart, obwohl es für viele andere Sportarten die Grundlage ist.“
Fingerspitzengefühl gefragt
Bei den Finals könnte Steiner theoretisch nicht nur im Gewichtheben antreten, sondern auch als Show-Act auf der Bühne am Vorplatz des Landestheaters auftreten. Denn die 20-Jährige spielt leidenschaftlich gerne – und gut – Harfe. „Ich spiele seit 13 Jahren Harfe. Meine beste Freundin hat damals gespielt, so habe ich damit begonnen“, berichtet sie. „Musik ist ein großer Teil meines Lebens, deswegen starte ich im Herbst auch ein Studium in Musikwissenschaften.“
Eine Stunde pro Tag spielt Steiner das Saiteninstrument. Während für das Gewichtheben viel Kraft gefordert ist, verlangt die Harfe Fingerspitzengefühl. „Bei beidem braucht es eine gute Technik, aber grundsätzlich ist der Kontrast groß. Genau das mag ich daran.“
Steiner träumt von den großen Konzerthallen dieser Welt. Aber eher im Gewichtheben, wo große Bewerbe – wie zuletzt bei den Olympischen Spielen in Tokio im „Tokyo International Forum“ – gerne in Konzerthallen ausgetragen werden. „Es ist noch ein großer Schritt an die absolute Weltspitze, aber ich glaube daran. Dafür trainiere ich täglich und gebe alles.“
Fotocredit (c)Markus Koch