Danler: „Taekwondo nicht nur Sport, sondern Vorbereitung fürs Leben“

Mit Marlene Jahl war bei den Olympischen Spielen Paris 2024 zum ersten Mal seit 20 Jahren eine Athletin bei der größten Sportveranstaltung der Welt am Start. Kurz darauf hat sie ihre Karriere beendet. Im Interview mit Generalsekretär Martin Danler geht´s um Chancen, den Status Quo und die Sport Austria Finals.


Los Angeles 2028 steht bevor – wie realistisch ist eine österreichische Olympia-Teilnahme?
Martin Danler: Wir haben bisher nur über das Qualifikationsturnier den Sprung geschafft – 2000, 2004 und jetzt 2024. Das heißt, es gibt genau einen Tag, an dem alles passen muss. Das neue Punktesystem bringt ab 2026 eine Art Neustart. Die Weltrangliste wird dann auf null gesetzt, und wir starten in eine neue Qualifikationsperiode. Das bedeutet neue Chancen – aber auch neuen Druck. Nur Finalisten kommen durch, also muss wirklich alles stimmen. Es gibt viele Faktoren, die da zusammenspielen.


Welche Athlet:innen haben aktuell das Potenzial, den Weg nach Los Angeles zu schaffen?
Danler: Melanie Kindl ist sicher eine unserer aussichtsreichesten Kandidatinnen. Sie war eine Zeit lang raus, hat sich aber zurückgekämpft, engagiert sich stark in der Nachwuchsarbeit und findet Schritt für Schritt zurück zur alten Form. Wenn sie konstant bleibt, ist viel möglich. Und dann gibt es junge Talente wie Dania Jasaragic, die dieses Jahr zum ersten Mal zum EYOF fährt und von Nationaltrainer Gerhard Huber betreut wird.. Auch sie hat das Potenzial, mittelfristig um große Ziele mitzukämpfen. Das Wichtigste ist: Wir müssen sie gut begleiten und behutsam aufbauen.


Wie wichtig ist Olympia grundsätzlich für Ihre Arbeit im Verband?
Danler: Sehr. Olympia bringt Aufmerksamkeit, Orientierung und Ziele. Aber der Weg dorthin ist im Taekwondo besonders hart. Die Strukturen müssen langfristig greifen – und es braucht gute Planung, vor allem im Nachwuchs. Olympia ist kein Zufall, sondern das Ergebnis vieler kleiner Schritte über Jahre.


Von einer Multisport-Veranstaltung zur nächsten. Im Juni stehen wieder die Sport Austria Finals an. Wie wichtig ist dieses Event für den Verband?
Danler: Für uns ist das eine große Chance. Die Austrian Open sind international riesig, aber medial im Inland bleiben wir oft unter dem Radar. Die Finals bringen Sichtbarkeit, neue Zielgruppen und echtes Publikumsinteresse. Letztes Jahr in Innsbruck war die Stimmung unglaublich. Wir rechnen heuer mit rund 500 bis 600 Teilnehmer:innen – davon 300 bis 350 in den olympischen Disziplinen, der Rest im Formenlauf.

Mehr Sichtbarkeit bedeutet mehr Interesse am Sport, oder?
Danler: Absolut. Wir erreichen Menschen, die Taekwondo vielleicht nur vom Hörensagen kennen. Gerade bei einem so stimmungsvollen Event können wir Emotionen transportieren. Und wir versuchen, uns auch mit anderen Kampfsportarten zu verbinden – in diesem Jahr hoffen wir auf einen Kampfsport-Hub im Herzen von Tirol. Ich bin überzeugt davon, dass das eine riesige Chance ist.


Was macht Innsbruck zum Zentrum für Taekwondo in Österreich?
Danler: Das hat historische Gründe. Die koreanischen Trainer, die Taekwondo nach Österreich gebracht haben, haben in Innsbruck gelebt. Tirol war Mitbegründer des europäischen Verbandes. Heute hat Tirol rund 40 Vereine – in Wien sind es zum Vergleich etwa 22. Das zeigt, wie tief die Strukturen hier verwurzelt sind. Auch die Austrian Open finden seit 2008 in Innsbruck statt – mit über 1.000 Teilnehmer:innen aus 50 Nationen ist das ein echtes Aushängeschild.


Wie sieht es mit der Entwicklung im Nachwuchsbereich aus?
Danler: Der Nachwuchs ist die Basis für alles. Wir achten darauf, dass Kinder und Jugendliche sicher und mit positiven Erlebnissen in den Sport starten. Turniere müssen zugänglich und auf das Können der Teilnehmenden abgestimmt sein. In der U14 kämpfen sie beispielsweise mit Hartplastik-Visieren, um Verletzungen zu vermeiden. Außerdem unterstützen wir Vereine bei der Organisation von Turnieren – besonders über unsere Austrian Talent Cup Serie, die wir seit letztem Jahr aufbauen.

Sind Sie selbst in die Arbeit mit jungen Sportler:innen eingebunden?
Danler: Ja, sehr direkt. Ich bin Trainer im Verein in Schwaz, wo wir nach der Corona-Zeit viel wieder aufbauen mussten. Inzwischen betreuen wir rund 80 Jugendliche. Viele ehemalige Sportler helfen wieder mit – das freut mich besonders. Ich war selbst zwölfmal Staatsmeister, im Nationalteam, Heeressportler – und heute gebe ich meine Erfahrung gerne weiter.


Was ist Ihnen in der Nachwuchsarbeit besonders wichtig?
Danler: Dass die Kinder lernen, mit Druck umzugehen. Ob Gürtelprüfung oder Turnier – sie stehen auf einer Bühne, müssen sich behaupten, lernen Verantwortung. Das sind Fähigkeiten, die ihnen später im Leben helfen. Und es geht darum, ihren eigenen Stil zu finden. Nicht jeder will zur Olympia – und das ist auch nicht nötig. Aber jeder soll die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. Wir bieten auch Fitnesskurse für Erwachsene an, parallel zum Kindertraining. So kann die ganze Familie aktiv sein.

Was treibt Sie an, diese Arbeit zu machen?
Danler: Taekwondo hat mir im Leben viel gegeben – Disziplin, Struktur, Selbstvertrauen. Jetzt möchte ich etwas zurückgeben.

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