Sie trägt keine Boxhandschuhe und rast auch nicht mit über 120 km/h auf Eisbahnen Richtung Ziel. Und doch kämpft Veronika Exler. Mit Schachfiguren. Mit Taktik. Mit Disziplin. Und mit Leidenschaft. Die 34-jährige Wienerin gehört seit Jahren zur Spitze des österreichischen Frauenschachs – aktuell rangiert sie mit einer Elo-Zahl von 2.167 auf Platz drei der nationalen Rangliste. Doch ihre Geschichte geht weit über Zahlen und Ranglisten hinaus.
„Es war Liebe auf den ersten Zug“
Der Beginn ihrer Schachkarriere klingt beinahe romantisch: „Ich war zehn Jahre alt und durfte in der Schule an einem Schachkurs teilnehmen. Ab dem Moment war ich fasziniert“, erzählt Exler. Was dann folgte, war ein kontinuierlicher Aufstieg: mehrfache Jugendmeisterin, später Staatsmeistertitel, internationale Einsätze im Teamdress Österreichs. „Schach hat mich früh gelehrt, strategisch zu denken – nicht nur am Brett, sondern auch im Leben.“
Exler ist keine, die laut auf sich aufmerksam macht. Sie überzeugt mit leiser Beständigkeit – und beeindruckender Präsenz, sobald die Figuren auf dem Brett stehen. Ihr Stil? Kombinationsreich, manchmal riskant, immer durchdacht.
Zweimal Gold – und immer hungrig
Ihr größter sportlicher Triumph: Die Staatsmeistertitel 2013 und 2018. Dazwischen und danach folgten zahlreiche Silber- und Bronzemedaillen, fünf Schacholympiaden und ebenso viele Team-Europameisterschaften. „Das Nationalteam zu vertreten, war und ist immer eine große Ehre“, sagt sie. Dabei ist es längst nicht nur der sportliche Ehrgeiz, der sie antreibt. „Ich liebe die Tiefe des Spiels. Jede Partie ist wie ein neues Universum. Kein Tag ist wie der andere.“
Was viele nicht wissen: Exler war auch für den FC Bayern München in der deutschen Frauenbundesliga aktiv und spielte in Österreich für den SV Wulkaprodersdorf – zwei Meistertitel inklusive. Sie hat erlebt, wie sich der Frauenschachsport professionalisiert hat, kämpft aber auch weiterhin gegen strukturelle Hürden. „Es gibt Fortschritte, aber wir sind noch lange nicht da, wo wir sein könnten.“
Autorin, Mentorin, Botschafterin
Neben dem aktiven Wettkampf hat Veronika längst eine zweite Bühne betreten: jene der Schachpädagogik. Gemeinsam mit GM Stefan Kindermann veröffentlichte sie das Buch „Schachstrategien für Schule und Leben“ – ein Werk, das Kindern die Kunst des Denkens näherbringen soll. Und das nicht zufällig: „Mir war es immer ein Anliegen, Schach mehr Menschen zugänglich zu machen – besonders jungen Mädchen.“
In Workshops, auf YouTube („Vroniversum“) und bei Vorträgen engagiert sich Exler für die nächste Generation. Sie bringt das Spiel dorthin, wo es oft noch fehlt: in Schulen, Vereine, Klassenzimmer. Für sie ist das kein Nebenprojekt, sondern eine Herzensangelegenheit.
Die Strategie für 2025: Angriffslustig
Ihr aktueller Fokus? Ein Comeback in Richtung internationale Topturniere. „Ich spüre, dass noch einiges möglich ist“, meint sie mit einem Lächeln – wissend, dass in einem Sport, in dem Erfahrung Gold wert ist, mit 34 noch lange nicht Schluss sein muss. „Ich habe viel gesehen, aber ich bin noch immer neugierig. Und das ist vielleicht das größte Geschenk.“
Veronika Exler ist keine, die auf den ersten Blick auffällt – aber eine, die im richtigen Moment überrascht. Eine Frau, die Disziplin über Show stellt und auf ihre Weise Maßstäbe setzt. Wenn man mit ihr spricht, versteht man schnell: Hier denkt jemand nicht nur ein paar Züge voraus, sondern ein paar Jahre weiter.